mercoledì, maggio 10, 2006

Giorgio Napolitano: Ein „Gentleman der alten Schule“

Das Leben beginnt mit 80. Zumindest das neue politische Leben des Schwergewichts der Linken, Giorgio Napolitano, der am Mittwoch zum ersten ehemaligen KPI-Politiker an der Spitze des Staates aufgerückt ist. Ausgewogen, ruhig und elegant: Der hagere und kahlköpfige Mann gilt mit seiner Ausgeglichenheit als eine Art britischer Lord in den Turbulenzen der italienischen Politik.

Kein Wunder, dass ihn seine Verehrer auch wegen seiner Ähnlichkeit mit dem letzten italienischen König Umberto II. von Savoyen als „roten Prinzen“ bezeichnen. „Im Italien der Talk Shows und der Reality-Programme ist Napolitano genau das Gegenteil: Pünktlich, fein, zurückhaltend, dialogfähig, diplomatisch und protokollarisch. Er ist aber auch ein Dichter, ein Schauspieler und ein Künstler“, porträtiert die Tageszeitung „La Repubblica“ den neu gewählten Staatschef. Wegbegleiter beschreiben ihn als einen bescheidenen und gemäßigten „Gentleman der alten Schule“.

Der 1925 geborene Napolitano stammt, wie aus seinem Familiennamen hervorgeht, aus Neapel. 1942 gründete er eine antifaschistische Gruppe, die das Mussolini-Regime bekämpfte. 1945 trat er dem Partito Comunista Italiano (PCI), der größten Kommunistischen Partei im Westen, bei. Seine ersten politischen Schritte unternahm der seriöse Intellektuelle mit der Vorliebe für Schauspielerei unter dem Flügel des charismatischen Kommunistenchefs Palmiro Togliatti, der sofort das Talent des jungen Napolitano erkannte.

Napolitano hat eine Musterkarriere in der Kommunistischen Partei hinter sich. 1953 schaffte er den Sprung ins Parlament. In den sechziger Jahren rückte er zum Außenminister im Schattenkabinett der PCI auf. Aktiv arbeitete Napolitano mit Togliattis Nachfolger Enrico Berlinguer für den „historischen Kompromiss“ mit den Christdemokraten, der jedoch nicht zu Stande kam.

Der ursprünglich moskautreue Kommunist schloss sich im Laufe der achtziger Jahre dem sozialdemokratischen Flügel seiner Partei an. Nach dem Fall der Berliner Mauer setzte er sich aktiv für die Umwandlung der Kommunistischen Partei in eine sozialdemokratische Kraft, die Partei der Demokratischen Linken (PDS) getauft wurde.

Bei den Europawahlen 1989 zog der Familienvater ins Straßburger Parlament ein. 1992 übernahm er den Posten des Präsidenten der Abgeordnetenkammer, den der zum Staatsoberhaupt gewählte Christdemokrat Oscar Luigi Scalfaro frei gemacht hatte. Nach dem Sieg des Mitte-Links-Anführers Romano Prodi bei den Parlamentswahlen 1996 übernahm er den heiklen Posten des Innenministers. In dieser Funktion musste er sich mit gravierenden Problemen wie Mafia, Kriminalität und Immigration auseinander setzen. „Er war der beste Innenminister der letzten 30 Jahre“, urteilte die „Repubblica“.

Zwei Jahre lang blieb Napolitano im Amt. Nachdem der Altkommunist Fausto Bertinotti der Regierung Prodi seine Unterstützung entzog, führte Napolitano ein politisch eher zurückgezogenes Leben. Die neuerliche Wende im seinem Leben kam 2005, als Präsident Carlo Azeglio Ciampi ihn wegen seiner Dienste für die italienische Demokratie zum Senator auf Lebenszeit ernannte. „Ciampi hat mich wieder in die Politik einrücken lassen. Ich hätte mir ein ruhigeres Lebensabend mit meinen Urenkeln vorgestellt“, sagte Napolitano nach der Wahl. Nun stehen dem neuen Präsidenten sofort neue Herausforderungen bevor.